Der Begriff „Schwarzer Sheriff“
Für einen Sicherheitsdienst in München erfunden: Der Begriff "Schwarzer Sheriff"
Wer den Ausdruck „Schwarzer Sheriff“ hört, denkt vermutlich an amerikanische Westernfilme, martialisch auftretende Gesetzeshüter oder harte Politikansagen. Tatsächlich hat der Begriff in Deutschland jedoch einen ganz konkreten Ursprung – und zwar nicht in der Politik, sondern in einem privaten Sicherheitsdienst, gegründet in München in den 1970er-Jahren. Ein Blick zurück erklärt, wie aus einem lokalen Phänomen eine bis heute wirkmächtige Metapher wurde.
Einprägsames Auftreten: Der Zivile Sicherheitsdienst (ZSD)
Der Begriff „Schwarzer Sheriff“ entstand im Zusammenhang mit dem Zivilen Sicherheitsdienst (ZSD), einer privaten Firma, die Carl Wiedmeier Anfang der 1970er-Jahre in München gründete. Wiedmeier, selbst Kampfsportler und Unternehmer, verfolgte ein klares Konzept: Sicherheit durch Präsenz – und zwar mit starker äußerer Wirkung.
Die Sicherheitskräfte des ZSD trugen schwarze Lederjacken, Mützen mit Abzeichen und Uniformen, die bewusst an amerikanische Polizisten erinnerten. Ihr martialisches Auftreten war kein Zufall, sondern Teil einer bewusst gewählten Inszenierung. Die Männer sollten Stärke verkörpern – und durch ihr Erscheinungsbild abschrecken.Sicherheit mit Nebenwirkungen
Zunächst fand das Konzept Anklang. Die „Schwarzen Sheriffs“, wie die Sicherheitsleute bald genannt wurden, bewachten sensible Orte: das Olympische Dorf, U-Bahnhöfe in München oder Kernkraftwerke wie Isar I und II. Der ZSD war sichtbar, präsent – und umstritten.
Denn mit der Präsenz kam auch Kritik. Immer wieder wurde über Übergriffe, Einschüchterungen und übertriebene Härte berichtet. Selbst der damalige Polizeipräsident Manfred Schreiber sprach von einem „cowboyartigen Gehabe“ und warnte vor einer „pseudopolizeilichen Aufmachung“. Die Grenze zwischen privater Sicherheitsarbeit und öffentlicher Ordnungsmacht verschwamm – mit entsprechenden Folgen.
Vom Spitznamen zur politischen Metapher
Obwohl der ZSD mit der Zeit in der Öffentlichkeit verschwand, blieb der Begriff „Schwarzer Sheriff“ im Sprachgebrauch erhalten – und verlagerte sich in die politische Debatte. Medien begannen, Politiker mit besonders striktem Kurs in Sicherheitsfragen so zu bezeichnen. Wer als „Schwarzer Sheriff“ betitelt wird, gilt gemeinhin als jemand, der auf Kontrolle, Härte und schnelle Lösungen setzt – mitunter auch jenseits des gesellschaftlichen Konsenses.
Dabei ist die Verwendung des Begriffs oft doppeldeutig: Einerseits soll er Durchsetzungsstärke signalisieren, andererseits kann er warnen – vor autoritärem Auftreten oder Machtansprüchen, die über das Maß hinausgehen.
Ein Begriff mit langer Wirkung
Der Ursprung des Begriffs „Schwarzer Sheriff“ liegt also nicht in einem politischen Konzept, sondern in der Strategie eines privaten Sicherheitsdienstes aus München. Die Idee, mit äußerer Härte für Ordnung zu sorgen, war damals neu – und prägt bis heute die Sprache, wenn es um Themen wie Sicherheit, Überwachung oder Kontrolle geht.
Gerade deshalb lohnt sich ein bewusster Blick auf solche Begriffe: Sie transportieren mehr als nur Inhalt – sie wecken Emotionen, Erwartungen und oft auch Widerstände. Und sie zeigen, wie aus einem lokalen Phänomen ein sprachliches Symbol für eine ganze Haltung entstehen kann.
Fazit
„Schwarzer Sheriff“ – das klingt nach Kontrolle, Macht und unnachgiebigem Handeln. Doch hinter dem Begriff steckt eine Münchner Geschichte: die des Zivilen Sicherheitsdienstes, der mit starkem Auftreten neue Maßstäbe setzte – und dabei auch Grenzen überschritt. Der Begriff lebt weiter – als Chiffre für ein Sicherheitsverständnis, das nicht jedem behagt. Wer ihn benutzt, sollte wissen, woher er kommt – und was er mitschwingen lässt.
Quelle: rnd.de
